„Meimersdorf Meido!“, hieß es jetzt endlich wieder im Kieler Süden. „Meimersdorf Meingott!“, hätte zu diesem völlig verregneten Spektakel zwar irgendwie besser gepasst. Doch seinen Spaß hatte das jecke Volk trotzdem.
Martin Geist 18.02.2023, 15:19 Uhr Meimersdorf. Corona statt Kamellen. Diese triste Devise galt in den Jahren 2021 und 2022 für die Meimersdorfer Narren. Machtvoll schallte nun endlich wieder der Partyruf „Meimersdorf Meido!“ durch die Straßen im alten Dorf und in den großen Neubaugebieten. Was bei den Karnevalisten so große Euphorie auslöste, dass sie den brachialen Regen, der am Sonnabend ihren Umzug überschüttete, fast vergaßen.
„Kiel Ahoi“ und „Meido!“ schallte es aus dem Mund von Andrea Koslowski, der Präsidentin des Vereins Meimersdorfer Narren. Gleichermaßen stolz wie froh fügte sie hinzu: „Wir sind wieder da!“ Dass dies nicht planmäßig um 11.11 Uhr der Fall war, sondern etwas später, weil die Karnevalisten den Start ihres Umzug in der Hoffnung auf nachlassenden Regen einige Minuten später starteten, kümmerte angesichts der frisch überwundenen zweijährigen Zwangspause so rein gar niemanden.
Henry mit Spaß an Kamellen und Karneval in Meimersdorf
Erst recht nicht den vierjährigen Henry. Der saß in seinem perfekt regengeschützten Wägelchen, umgeben von sehr, sehr vielen keineswegs ollen Kamellen und harrte entspannt der Dinge, die er nun zum ersten Mal einigermaßen bewusst erleben sollte. „Er hat Spaß dran“, versicherte seine Mami Anna Fockroth, die als Aktive der Tanzsportgarde Kiel selbst ein Teil der karnevalistischen Bewegung im Norden ist.
Bewegt hat sich dann auch der durchaus stattliche Tross mit Wagen, kostümierten Gruppen und einschlägiger Musik. Manche Mitwirkende hatten dabei richtig zu tun, so wie Ilona Pein, die Präsidentin des Komitees Kieler Karneval. Unterstützt von Prinzessin Nora I. samt Pagin Hanna warf sie kiloweise Kamellen aufs Volk herunter, das gerade auch in den jüngeren Wohngebieten in Meimersdorf in großer Zahl an den Straßen stand.
Regenschirm als Fanggerät beim Karneval in Meimersdorf
So mancher Regenschirm wurde dabei zeitweilig einfach auf den Kopf gedreht und als Fangvorrichtung genutzt. „Schau was ich erwischt habe“, strahlte ein junger Vater und reichte seinem Töchterchen eine eindrucksvolle Zuckerstange.
Für KN-Fotograf Thomas Eisenkrätzer hatte der süße Segen indes zunächst einen schmerzlichen Preis, denn mit Wucht landete eine Tafel Schokolade an seinem Kopf. „Aber geschmeckt hat sie“, grinste er. Ebenfalls recht froh äußerte sich Oberkarnevalistin Ilona Pein über die Wiederauferstehung des Kieler Jeckentums. „Manche Vereine haben stark gelitten, manche nicht so sehr, aber Hauptsache es geht weiter“, formulierte sie ihre Bilanz nach der Corona-Zeit.
Diese Periode haben die am Sonnabend gastgebenden Meimersdorfer Narren nach Auskunft von Vizepräsidentin Tanja Klüver sogar ausgesprochen gut überstanden. „Wir haben keinen Mitgliedereinbruch gehabt“, freut sie sich und führt das ebenso wie ihre Chefin Andrea Koslowski auch auf kreative Antworten auf die Krise zurück. Die Narretei wurde immer wieder den jeweiligen Gegebenheiten angepasst, und sei es, dass es notfalls per Videoschalte hieß: „Meimersdorf Meido!“
